Der Grundstein für die Leverkusener Ultra-Szene wurde im August 1989 mit der Gründung des Bayer 04 Fanclubs „SOCCER BOYZ“ gelegt, dem damals etwa 20 Mitglieder angehörten. Man gehörte seinerzeit zu den ersten dreißig Bayer 04 Fanclubs (heute sind es über dreihundert) und sollte dennoch nicht nur einer von vielen sein. Vielmehr wurde eine völlig neuer Weg einschlagen. Es war der Beginn der Ultra-Kultur in Leverkusen und ein Grundstein für die Entwicklung einer bis dahin in Deutschland völlig neuen Art des Fandaseins.
Ein Jahr nach der Entstehung entwickelten sich jedoch bereits unterschiedliche Interessen, was bedingt durch diese völlig neue Art des Fanlebens schon fast in der Natur der Sache lag. Ein Teil der Mitglieder spaltete sich mit Gründung des Fanclubs „MADNESS“ ab, der sich 1990 schon sehr am Ultra-Geschehen in den südlichen Ländern Europas orientierte. Man produzierte eigene Fanartikel, ging zivil gekleidet ins Stadion und sorgte mit neuem Liedgut und Transparenten für Aufsehen. Damals war diese Art des Auftretens im Stadion natürlich noch völlig unbekannt und sorgte für reichlich Aufmerksamkeit in jeglicher Hinsicht. Man stand im Fokus von Kutten, Hools, Polizei, Ordnerdienst, Presse und Verein und musste natürlich tausendfach erklären, wer man eigentlich ist und was man damit bezwecken will. Da die Gangart früher beim Fußball ohnehin wesentlich härter war als heute, musste man sich seine Position ungleich schwerer erkämpfen, als das für neue Ultragruppierungen in der Gegenwart oder in der jüngsten Vergangenheit der Fall ist. Heute muss man sich nur als Gruppe durchsetzen, früher war es die gesamte Stilrichtung, die Akzeptanz finden musste. Im Laufe der Zeit wurde aber klar, dass man gemeinsam mehr erreichen kann und so bündelte man die Kräfte und wuchs wieder mehr und mehr zusammen.
Im Jahre 1994 wurde dann schließlich die offizielle Wiedervereinigung gefeiert. Aus „MADNESS“ und „SOCCER BOYS“ wurden die „MAD BOYZ“. Man zog aus dem traditionellen C-Block aus und ließ sich im benachbarten Sitzplatzbereich nieder, von wo aus nun versucht wurde die „Kurve“ zu animieren. Durch zahlreiche Pyroshows und selbst hergestellte Großschwenkfahnen zog man die Blicke auf sich. Die Reunion der „MAD BOYZ“ konnten nicht zuletzt deshalb, gerade in den ersten Monaten, einen regen Zulauf verbuchen.
Natürlich wollte man keine neue Fankultur erfinden, sondern zugegebenermaßen dem nacheifern, was man damals so schön als südländische Begeisterung betitelte und aus Ländern wie Italien, Frankreich oder Jugoslawien (das es damals noch gab) aus dem TV oder Zeitschriften wie „Supertifo“, „Tribine“ usw. kannte. Diese waren dann auch immer ein begehrtes Mitbringsel von Hoppingtouren aus diesen Ländern und selbstgeschossene Fotos von Pyroshows oder Choreografien sorgten für steigendes Interesse und Begeisterung an dieser Art des Fandaseins. Da das Internet noch nicht in heute bekannter Form zur Verfügung stand und auf diesem Wege dieses Interesse noch in keiner Weise befriedigt werden konnte, tauschte man mit Ultras aus anderen Ländern Fotos und Collagen auf dem Postweg oder versuchte so auch an deren Artikel wie Schals oder Aufkleber zu gelangen. Manchmal konnte man sogar eine VHS-Videokassette ergattern, die diese in Deutschland noch unbekannte Atmosphäre in bewegten Bildern ins heimische Wohnzimmer brachte.
Zu dieser Zeit stand die Ultra-Bewegung in Deutschland noch in den Kinderschuhen oder hatte noch gar nicht richtig begonnen. Die erste große Choreographie gab es dann 1994 beim UEFA-Cup Spiel gegen den italienischen Vertreter AC Parma, als mit Hilfe eines Sponsors tausende kleine Schwenkfahnen verteilt wurden. Angezogen von dieser völlig neuen Art der Fankultur bildeten sich 1996 zwei weitere Ultra-Gruppen: Die „SUPPORTERS“ und die „VIKING“, die aus dem 1994 gegründeten Bayer-Fanclub „WIKINGER“ entstanden. Zu keinem Zeitpunkt gab es Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen, sondern versuchte fortan gemeinsam die Ultrakultur voranzutreiben. So gab es im gleichen Jahr auch die erste Choreographie, die von uns ganz unabhängig von Verein oder Sponsoren inszeniert wurde. Beim Spiel gegen den FC Bayern München wurden auf der ganzen Nordtribüne (in der Zwischenzeit zum Fanblock geworden) rote und schwarze Folien hochgezogen, was sogar dem damaligen SAT1-Reporter staunend lobende Worte abgewinnen konnte („Das Ulrich-Haberland-Stadion – was war es früher für eine „graue Maus“ – Heute ist davon nichts mehr zu spüren und man fühlt sich fast nach Italien versetzt“ oder so ähnlich…), da es so etwas bis dato in Deutschland noch nicht gegeben hatte.
Mit der Zeit konnte man auch andere Bayer-Fans und selbst die Fanbetreuung von dieser neuen Art des Fandaseins überzeugen und so wurde auf Initiative der „MAD BOYZ“ der „Arbeitskreis Stimmung“ ins Leben gerufen. Nach den bisherigen Pyroaktionen, die vielen Leuten Stadionverbote einbrachten, sollte dadurch nun die Organisation von großen Choreographien erleichtert werden. Der „AK“ bestand, und besteht heute noch, zum größten Teil aus Personen, die der Ultrá-Szene zuzuschreiben sind und wurde ergänzt durch weitere Interessierte und aktive Bayer-Fans. Die erste Aktion, die vom „AK Stimmung“ geplant und durchgeführt wurde, gab es dann 1996 im Derby gegen den 1. FC Köln. Die rund 5.000 roten und schwarzen Papptafeln, die beim Einlaufen der Mannschaften hochgehalten wurden, ergaben ein beeindruckendes Bild. Da solche Aktionen nicht auf Dauer aus der eigenen Tasche bezahlt werden konnten, suchte man sich andere Wege um die Finanzierung zu sichern, jedoch ohne dabei von Verein oder Sponsoren abhängig zu werden. Aus diesem Grund wurde auf einem Meeting aller Fanclubvorsitzenden der Vorschlag unterbreitet, dass sich alle Fanclubjahreskarteninhaber an den Aktionen beteiligen und einen Jahresbeitrag von fünf Mark in diese „Stimmungskasse“ einzahlen sollten. Dieser Vorschlag wurde mit großer Mehrheit von den Fans angenommen.
1998 kam dann eine weitere Gruppe dazu, die sich der Ultramanie verschrieben hatte: Die „YOUNG BOYS“. Anfangs wegen ihres Durchschnittsalters noch nicht ganz so ernst genommen, zogen sie fest entschlossen ihre Sache durch und wurden schnell ein fester Bestandteil der Leverkusener Ultra-Szene. Dies ist im Jahr 2019 nicht mehr der Fall. Die Young Boys im Gesamten sind nach eigener Auffassung heute keine Ultragruppe mehr und sollten auch nicht mehr als solche identifiziert werden.
Leverkusen ist eine kleine Stadt und wir haben im Vergleich zu anderen Vereinen auch eine relativ überschaubare Fanszene. Was sich im ersten Moment nicht unbedingt positiv anhört, kann aber auch alles andere als ein Nachteil sein, da man sich so untereinander besser kennt und somit auch der Zusammenhalt automatisch größer wird, was gerade in den 1990er Jahren der Fall war. Der Gemeinschaftssinn von Kutte, Hool, Ultra und Normalo wurde durch diese Underdog-Situation immer wieder gestärkt. Dazu kam, dass man sich nicht nur am Wochenende im Stadion sah, sondern so gut wie jeden Tag seine Zeit mit Gleichgesinnten verbrachte, was natürlich auch zusammenschweißt. Weiterhin sehr wichtig für die Entwicklung unserer Ultra-Szene war, dass wir immer für Nachwuchs offen waren, diesen jedoch sehr kritisch beäugt und wenn es sein musste auch bei diversen Ausschweifungen direkt zurück in die Spur geholt haben. Da die Mitglieder der verschiedenen Fanclubs auch den größten Teil ihrer Freizeit neben dem Fußball gemeinsam verbrachten, verschwand immer mehr die Aufteilung der einzelnen Gruppen und es kam das Gefühl auf, dass wir alle zusammen die „ULTRAS LEVERKUSEN“ sind.
Dieser Gedanke verfestigte sich so, dass in der Saison 1999/2000 ein gemeinsamer „Ultra-Block“ im ehemaligen Fanblock C gebildet wurde. Der Support innerhalb dieses Blocks konnte sich dann auch sehen lassen, doch leider verflachte gleichzeitig auch die Stimmung im restlichen Fanbereich. Zu Beginn der Saison 2000/2001 wurde deshalb der Weg zurück in die Nordkurve gewählt. Durch eine Beschränkung der Jahreskartenanzahl innerhalb der Fanclubs, konnten allerdings zu dieser Zeit keine neuen Mitglieder in den ursprünglichen Ultra-Fanclubs aufgenommen werden, was die Gefahr einer Stagnation der Leverkusener Ultrakultur aufflackern ließ. Da sich in Leverkusen aber inzwischen viel mehr Leute dem Ultra-Gedanken verschrieben hatten, wurden zum Rückrundenstart die „ULTRAS LEVERKUSEN“ offiziell als fanclubübergreifende Organisation aktiver Bayer-Fans gegründet. Die „UL“ stellte nun einen Sammeltopf für alle Ultras in Leverkusen, egal aus welchem Fanclub, dar. Oberstes Ziel war es, auch die neueren Leute (oder selbst ganze Fanclubs) mehr in die Szene zu integrieren.
Durch die überaus erfolgreiche Saison 2001/2002, die u. a. im Erreichen des Champions League-Finales gipfelte, erlebte die Leverkusener Fanszene im allgemeinen, aber auch die Ultraszene im Speziellen einen regelrechten Boom, der aber durch die zu geringe Stadionkapazität und vor allem die fehlende Fluktuation im Fanbereich durch ein ausgeschöpftes Jahreskartenkontingent gebremst wurde, was später noch zu einem großen Problem für die Weiterentwicklung der Fanszene werden sollte. So wurde seit dieser Zeit seitens der Fanbetreuung versucht, wenigstens einige wenige Aktive aus anderen Bereichen des Stadions in die Nordkurve zu integrieren. Im Zuge dessen entstanden beispielsweise 2002 die „FANATICS“ und 2003 das „NORDKAOS“ als weitere ultraorientierte Gruppen, die sich aber beide Stand heute (August 2019), genau wie bei den Young Boys, nicht mehr als Ultragruppen definieren lassen.
Mit den „WESTSIDEBOYZ“ in 2005 und dem „FARBENSTADTINFERNO“ ein Jahr später in 2006 kamen zwei weitere Gruppen hinzu, die zum damaligen Zeitpunkt am ehesten die aktuelle Ultrakultur in LEV verkörperten und mit zu den Aktivposten innerhalb der Szene gehörten. Dies hat sich bis heute auch nicht verändert. Im Jahr 2009 gründete sich zudem mit den „Brothers Leverkusen“ eine weitere Gruppe, die im Jahr 2019 neben Gruppen wie den „Grafen von Berg“ (gegründet 2009), „Forza Unita“ (gegründet 2012) oder „Chaos 513“ (gegründet 2017) und eben dem FSI 06‘ zu den Aktivposten der Leverkusener Ultraszene gehören. 2019 lässt sich die Gruppe Ultras Leverkusen als ein Bündnis von ultraorientierten Leuten aus verschiedenen Gruppen definieren. Es gibt zwar noch einige andere Gruppen, die sich ebenfalls als „ultraorientiert“ einordnen lassen, sich allerdings eher im Umfeld der Gruppe „Ultras Leverkusen“ bewegen.
Auch außerhalb des Fußballalltags stand man als Gruppe immer wieder für Verein und Stadt ein und erlebte viele harte, aber auch schöne Stunden gemeinsam. Ganz besonders hervorzuheben ist hier sicherlich die Initiative zur Rettung des Wahrzeichens der Stadt im Jahre 2008. Unter dem Motto „Das Kreuz muss bleiben“ konnte man sich letztendlich erfolgreich gegen den geplanten Abriss des Bayerkreuzes als größte „Leuchtreklame“ der Welt zur Wehr setzen. „Leuchtreklame“ klingt in diesem Zusammenhang so negativ. Für uns Leverkusener ist das Bayerkreuz viel mehr, als nur Werbung. Das Bayerkreuz steht für Heimat. Wenn man aus dem Urlaub kommt, die Autobahn entlangfährt und dann aus der Ferne das leuchtende Bayerkreuz sieht, weiß man, dass man Zuhause ist. Dieses Gefühl hat sich bei den meisten bereits in der Kindheit breitgemacht und ist selbst im weiteren Verlauf des Lebens immer wieder gekommen. Und so wird es auch unseren Kindern irgendwann gehen. Weit über 20.000 Unterschriften und unzählige Aktionen in der Stadt und im Umland konnten die Verantwortlichen schlussendlich zur Erhaltung dieser Landmarke überzeugen
Das Jahr 2009 war sicherlich absolut prägend in der Geschichte unserer Gruppe. Der Umzug nach Düsseldorf, der Aufgrund des Umbaus des heimischen Haberland-Stadions notwendig geworden war und welcher uns sportlich tolle Pokalabende und grausame Bundesligaspiele bescherte, schien für uns die größte Herausforderung zu werden in diesem Jahr. Rückblendend betrachtet war dies eine höchst wichtige Zeit für unsere Gruppe, aber auch für die aktive Szene in Leverkusen, da hier aufgrund der vergrößerten Stadionkapazität unser Zuschauerpotential optimal ausgeschöpft werden konnte. Zudem entwickelte sich gerade unter den jüngeren Leuten durch gemeinsame Anreise zu den „Heimspielen“ mehr und mehr ein noch intensiverer Zusammenhalt.
Im gleichen Jahr gab es jedoch auch einen ganz tiefen Einschnitt in diese aufstrebende Entwicklung, nachdem es nach dem Hinrunden-Derby massenweise Stadionverbote gegen unsere Fanszene hagelte. Hiervon war eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern der UL betroffen, so dass die Zahl unserer Mitglieder vor den Toren die Zahl derer, die noch ins Stadion durften, sogar deutlich überstieg. Wir sahen uns daher temporär nicht mehr in der Lage, den „Motor“ der Nordkurve zu bilden und entschlossen uns zu dem harten Schritt über fast eine gesamte Saison nicht mehr offiziell als Gruppe „Ultras Leverkusen“ im Stadion aufzutreten, wobei natürlich jeder Einzelne dennoch im Rahmen seiner ihm gegebenen Möglichkeiten versuchte, alles Mögliche für unseren SVB und die Fanszene zu geben. So bleibt an dieser Stelle noch einmal besonders das Engagement gerade der Stadionverbotler an den Choreographien dieser Spielzeit hervorzuheben, ohne dass diese ihr Werk persönlich im Stadion miterleben durften.
In den darauffolgenden Jahren festigte sich die Gruppe immer mehr und machte weitere wichtige Schritte im Bereich der Fanarbeit. So wurde mit der „Kurvenhilfe Leverkusen“ ein längst überfälliger Rechtsbeistand ins Leben gerufen. Gegründet von den Ultras Leverkusen und zum größten Teil unter deren Führung, konnten mit Hilfe der „KHL“ schon nach wenigen Monaten die ersten Stadionverbotler zurück in die Kurve geholt werden und auch im strafrechtlichen Bereich bereits kleinere Erfolge verbucht werden. Alle weiteren Infos dazu findet ihr auf der Homepage der KHL, die hier auf dieser Seite auch verlinkt ist.
Des Weiteren entwickelten wir das Langzeitprojekt „Vergrößert den Heimvorteil“. Hierüber liefen immer wieder einzelne Vorhaben, die die Stimmung im Stadion, das Stadion selbst aber auch andere Dinge, eben alles was irgendwie den Heimvorteil vergrößern kann, betrafen. Startschuss hierfür war der Umstand, im heimischen Haberland eine viel zu kleine Fankurve unser Wohnzimmer nennen zu dürfen. Als der monumentale Umbau des Haberland-Stadions, mit seinem neuen Oberrang, der das Fassungsvermögen um etwa 10.000 Plätze nach oben korrigierte, einem riesigen gespannten Glasdach und neuen hochmodernen Physio- und Regenerationsanlagen, fertiggestellt war und mal eben 70 Millionen Euro gefressen hat, fragten wir uns „Wieviel war für uns drin?“. An Fanbelange hatte natürlich niemand gedacht, also mussten wir selbst aktiv werden. Nach langwieriger Arbeit, vielen Reisen und Gesprächen mit Vereins- und Sicherheitsvertretern, Statikern und Bauunternehmern, haben wir schlussendlich unser Ziel (in abgeschwächter Form) erreicht und zu den bereits vorhandenen, 3000 weitere Stehplätze des sogenannten „Stuttgarter Models“ in der Nordkurve bekommen. Diese haben wir natürlich umgehend bezogen und sind seitdem als Gruppe direkt hinter dem Tor positioniert. Von hieraus nach rechts und links in absteigendem Aktivitätenrang befinden sich die einzelnen Gruppen und Fanclubs der aktiven Fanszene. Besonders etabliert und als feste Größe festgebissen haben sich in der Ultraszene im Jahr 2019 das „Farbenstadtinferno“, die „Brothers“, „Forza Unita“, „Chaos 513“, die „Grafen von Berg“ und die „Westsideboyz“. Weitere kleinere Gruppen sind auf dem Vormarsch.
Wie bereits am Anfang unserer Geschichte erläutert, gab es ja den vom damaligen „Arbeitskreis Stimmung“ (AK Stimmung) ins Leben gerufenen Choreo-Beitrag von 5 DM (ja, richtig, Deutsche Mark) pro Jahreskarteninhaber, zur unabhängigen Finanzierung von Choreographien bzw. Tifo-Aktivitäten. Dieses vom Verein betitelte „Fanbudget“ wurde allerdings von eben diesem auch verwaltet. Dieser Umstand war genau solange kein großes Problem, bis Bayer 04 auf die Idee kam, etwaige Verbandsstrafen, etwa für das Abbrennen von Pyrotechnik oder für das Zeigen von fragwürdigen Spruchbändern, von diesem „Fanbudget“ abzuziehen. Da aber nie jemand von uns einen genauen Überblick, geschweige denn genaue Zahlen was Guthaben, Ausgaben etc. betraf, hatte, war spätestens jetzt eines klar: Mit dem Mythos „Fanbudget“ musste aufgeräumt werden, niemand sollte uns unter Druck setzen können oder die restliche Fanszene gegen uns aufhetzen. Außerdem war eine 100%tige Selbstverwaltung der Choreos unsererseits eh längst überfällig. So wurde Anfang 2016 der eingetragene Verein „Kreativ Schwarz-Rot“ ins Leben gerufen. Genauere Infos zu diesem Projekt findet ihr ebenfalls auf der offiziellen Homepage, die auch hier auf dieser Seite verlinkt ist.
Was unsere Euphorie immer wieder bremste war und ist unser angespanntes Verhältnis zur Vereinsführung. Gerade mit diesen Aussagen über das „Fanbudget“ und wiederholten Vertrauensbrüchen uns gegenüber, nur um in der Öffentlichkeit gut auszusehen und das Saubermann-Image von Bayer 04 zu erhalten, machte sich die Führungsetage, vor allem aber auch die Herren der Sicherheit und Kommunikation, bei uns nicht gerade beliebt. Umso schwerer erscheint es uns manchmal bestimmte Dinge um- bzw. durchzusetzen. Dennoch muss man auch hier konstatieren, dass sich das Verhältnis zum Verein in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Nachdem in der fast gesamten Rückrunde der Saison 2016/17 die Heimspiele boykottiert wurden, traten wir erst wieder zu Beginn der Saison 2017/18 als Gruppe bei Heimspielen auf.
In den ersten Monaten dieser besagten Rückrunde erreichte unser Verhältnis zur Vereinsführung seinen bisherigen negativen Höhepunkt. Nach der zweimaligen Absage der Jubiläums-Choreo des FSI mit fadenscheinigen Argumenten und Lügen verschiedener beteiligter Institutionen und Personen und der nicht positiv verlaufenen Pyroaktion beim Heimspiel gegen Mönchengladbach, wartete beim darauffolgenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt eine Hundertschaft der Polizei vor und im Block auf die Ankunft unserer Gruppe, um anschließend mehrere Mitglieder zu identifizieren und festzunehmen. Aufgrund der daraus resultierenden Stadionverbote, die ohne Anhörung und auf reinen Verdacht ausgesprochen wurde, einigten wir uns innerhalb der Ultraszene darauf, dieses Fernbleiben auf einen Boykott der Heimspiele auszuweiten. Ja, man kann diese Pyroaktion kritisieren und ja, man muss miteinander sprechen, aber man kann nicht einfach etliche Leute ohne Begründung ausschließen und sogar das Anhörungsrecht bei geplanten Stadionverboten außer Kraft setzen. Wir haben den Boykott damals mit Absicht als „unbefristet“ angesetzt, weil sich einige grundlegende Dinge ändern mussten. Bis in die folgende Sommerpause sollten die Gespräche und Verhandlungen noch andauern, bis wir schließlich nach etwa einem halben Jahr zum Start der Saison 2017/18 wieder zurückkehrten. Wir haben viel gefordert, nicht alles bekommen aber doch bei den wichtigsten Punkten ein gewisses Entgegenkommen gespürt, dass wir unseren (aus unserer Sicht absolut erfolgreichen) Boykott beenden konnten. Während dieser herzzerreißenden Zeit, in der man den Heimspielen fernblieb, haben wir viel Kritik und Unverständnis, aber noch viel mehr Zuspruch und Solidarität erfahren. Unser Bereich innerhalb der Kurve wurde ohne unser Zutun mittels Abgrenzungen freigehalten und die Bannerplätze nicht behangen. Stattdessen zeigte man Flagge gegenüber dem Verein und positioniere sich mit Spruchbändern wie „Solidarität mit UL“ klar auf unserer Seite. Dies war für uns eine schwierige Zeit, zeigte aber auch nochmal, dass wir in Leverkusen nicht alleine waren und es doch weitaus mehr Fürsprecher unserer Gruppe gab, als der Verein zu Beginn angenommen hatte.
Beeindruckt von diesen Gesten und auf Grund der allgemeinen sportlichen Ausnahmesituation im Abstiegskampf, entschieden wir uns gegen Ende der Saison zum Heim-Derby für eine groß aufgezogene Aufputsch-Aktion für Mannschaft und Fans. Da wir uns ja immer noch im Boykott befanden, musste es eine Aktion vor den Toren des Stadions sein. So fanden sich zum Empfang des Mannschaftsbusses etwa 5.000 Bayer Fans komplett in Rot gekleidet auf der Bismarckstraße ein und läuteten den Derby-Nachmittag mit viel Getöse, vielen anheizenden Spruchbändern und jeder Menge Pyrotechnik ein. Eine bis dahin einmalige Aktion, die wir gemeinsam mit der NK12 als gelungen abhaken konnten. Auch das Team zeigte sich beeindruckt und riss das Ruder auf den letzten Metern noch rum und schaffte den Klassenerhalt. Lustigerweise wurde die in Leverkusen zweimalig verbotene Choreo am letzten Spieltag der Saison in Berlin vom FSI nachgeholt und im Vorfeld auch ohne große Probleme genehmigt. Am Spieltag zeigten sich die Ordner der Hertha hilfsbereit und auch dieses schwere Kapitel konnte ad acta gelegt werden.
Seitdem hat sich aber wie bereits erwähnt das Verhältnis zum Verein verbessert. Zum einen gab es einige Veränderungen in der Besetzung der Führungsriege, zum anderen wurde mit dem „Kurvenrat“ ein unabhängiges Konstrukt geschaffen, dass von allen Bayer 04-Fans mit Dauerkarte gewählt wird und so mit möglichst hoher Legitimation vor den Offiziellen von Bayer 04 Fanbelange ansprechen und umsetzen kann.
All diese großen und kleinen Dinge wurden oftmals auch in direkter Zusammenarbeit mit dem Fandachverband der „Nordkurve12“ durchgeführt, welcher im Jahre 2008 ebenfalls auf Initiative und unter Beteiligung unserer Gruppe gegründet wurde und eine Art neue, besser organisierte und mitgliederstärkere Version der zuvor aufgelösten „Faninitiative SVB“ werden sollte. Dieses Vorhaben wurde sogar noch übertroffen, denn mit dem Stadioneck12, der NK12-eigenen Fankneipe, die gleichzeitig auch als Vereinsheim dient, haben auch wir ein neues Zuhause außerhalb der Fankurve gefunden. Zudem war der Spieltags-Flyer „Nordkurve12 AktUL“ oder kurz „NaktUL“, ein Gemeinschaftsprojekt der NK12 und der UL. Hier wurde informiert, angepeitscht und „aufgehetzt“ (Zwinker!), in Erinnerungen geschwelgt oder einfach nur von den letzten Touren berichtet. Zum Ende der Spielzeit 2016/17 gab es eine Namensänderung des Heftes in „Reines Gewissen“. Natürlich in Anlehnung an die legendäre Pressekonferenz von Christoph Daum rund um die noch viel legendärere Kokain-Affäre. Natürlich spielten auch einige andere Gründe mit und sorgten für den neuen Namen. Wir als Gruppe haben mit dem „Reinen Gewissen“ erstmal nichts zutun und dieses Medium repräsentiert auch nicht die Meinung der Gruppe. Unser aktuelles Sprachrohr ist der sogenannte „BayPackzettel“, der in unregelmäßigen Abständen von uns verteilt wird und aktuelle Themen und Gedanken von uns aufgreift und in die Fanszene hinaustragen sollen. Warum unregelmäßig? Wir wollen nicht Woche für Woche den Druck haben, ein Heft vollzumachen, sondern uns immer dann an die Leute wenden, wenn wir wirklich etwas Wichtiges zu sagen haben. Weitere gemeinsame Projekte mit der NK12 waren diverse Sambazüge und Fanflieger.
Dieser Text ist bei weitem keine vollständige Abbildung der Geschichte „Ultra in Leverkusen“ und diese vollständige Abbildung soll und kann es gar nicht geben, denn diese gibt es nur in den Köpfen der vielen Leute, die Teil dieser Sache sind oder waren (oder beides), dennoch möchten wir hier versuchen ab und an diesen Text fortzuführen und mit weiteren Kapiteln zu ergänzen.